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Dental Tribune Austrian Edition

DENTALTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 7+8/2012 · 1. August 2012 Review 11 Die zumstein dental academy von Dr. Thomas Zumstein organisierte EndeMaieinensehrumfassendenund interessanten Kongress für Ärzte und Zahnärzte.Priv.-Doz.Dr.Dr.Dominik Ettlin, Leiter der Interdisziplinären Schmerzsprechstunde des ZZM Zürich, Mitorganisator sowie Moderator der Veranstaltung, lud ein internationales Referententeam von zwölf bekannten FachexperteninsKKLnachLuzernein. Schmerzphysiologie Zuerst widmeten sich Priv.-Doz. Dr. Walter Magerl, Neurophysiologe an der Universität Mannheim, und Prof. Dr. Michele Curatolo, Leiter der Schmerztherapie am Inselspital Bern,Schweiz,derSchmerzentstehung, -wahrnehmungund-ausbreitung. Gewebeschädigende Einflüsse werden an freien Nervenenden regis- triert und dort von unterschiedlichen Nozizeptoren in elektrische Signale (Aktionspotenziale) umgewandelt. DieWeiterleitungderAktionspotenzi- ale ans zentrale Nervensystem (ZNS) erfolgt via myelinisierter, schnell lei- tender A-Fasern und via markloser, langsamleitenderC-Fasern. Die Nervenfasern und ihre Rezep- toren haben unterschiedliche Emp- findlichkeitsschwellen, die durch ent- zündlicheProzessemodifiziertwerden. Beim Herabsetzen der Reizschwelle kommt es zu einer Sensibilisierung der Nervenfaser und somit zur Hyperalge- sie(übermäßigeSchmerzempfindlich- keitaufeinenschmerzhaftenReiz)oder Allodynie (Schmerzempfindung auf einen Reiz, der üblicherweise keinen Schmerzverursacht). Weitere regulatorische Prozesse finden im Rückenmark an denVerbin- dungenzwischendenNervenfasernstatt (Synapsen), wo Geschwindigkeit und Intensität eines Schmerzreizes durch spezifische Neurotransmitter variiert werden. Die subjektive Schmerzerfah- rungwirdschließlichimmenschlichen GehirndurchpsychologischeEinflüsse undweitereReizebeeinflusst. Schmerzen sind somit nicht nur das Resultat gewebeschädigender Ein- flüsse in der Peripherie, sondern wer- den durch ein komplexes Zusam- menspiel neuroplastischer Vorgänge und psychologischer Einflüsse wahr- genommen. Dabei nehmen periphere undzentraleSensibilisierungsprozesse wesentlichenEinflussaufdieSchmerz- empfindung. Dr. Konrad Maurer, Leiter der experimentellen Schmerzforschung am Institut für Anästhesiologie des UniversitätsSpitals Zürich (USZ), un- terschied die drei verschiedenen For- men der nozizeptiven, entzündlichen und neuropathischen Schmerzen. Beim nozizeptiven Schmerz werden verschiedene Reize wie Hitze, Säure oder Gewebeverletzungen registriert. Beim entzündlichen Schmerz ist be- reits eine Gewebeschädigung vorhan- den und die Ausschüttung inflamma- torischer Mediatoren beeinflusst die Schmerzempfindung. Bei neuropathi- schen Schmerzen besteht in der Regel eineDiskrepanzzwischendemAusmaß der Schädigung und der Schmerzemp- findung. Sie treten im Mundbereich z.B. als Phantomschmerzen nach einer Nervdurchtrennung (Wurzelkanalbe- handlung, Zahnextraktion) auf. For- scherberichten,dassin7bis12Prozent nach adäquat durchgeführter Wurzel- kanalfüllungpersistierendeSchmerzen bestehen können. Überraschender- weise liegen die Zahlen bei Weisheits- zahnextraktionen deutlich tiefer. In der Diskussion empfahl Dr. Ettlin zur Behandlung von lokal persistierenden Schmerzen die Injektion von einem GemischauseinemLokalanästhetikum miteinemkristallinenSteroid(Kenacort 10mg/ml).DieMedikamentenapplika- tion kann im Abstand von ein bis zwei Wochen wiederholt werden. Bei eher diffuserenSchmerzenempfiehltsichder Einsatz eines trizyklischen Antidepres- sivumsinniedriger,langsamsteigender Dosierung(10bis50mg). Kopfschmerzen Eine Zusammenfassung über die gängigsten Kopfweharten gab Priv.- Doz.Dr.PeterSandor,LeitenderArztder Neurologie am Kantonsspital Baden. Primäre Kopfschmerzsyndrome, die u.a. den ersten Ast des Trigeminus be- treffen, können aufgrund der neuro- anatomischen Konvergenz im Nucleus caudalis n. trigemini manchmal als Gesichtsschmerzen auftreten (Trige- minusast 2 und 3). Deshalb müssen sie immer auch als Differenzialdiagnosen bei Zahnschmerzen oder Schmerzen im Mundbereich in Betracht gezogen werden.Migräneattackenmitundohne Aura oder anhaltende idiopathische Gesichtsschmerzen können sich zum Beispiel als Zahnschmerzen äußern, ohne dass eine Pathologie im Mundbe- reich vorliegt. Sehr starke, einschie- ßende Gesichtsschmerzen von Sekun- dendauer treten bei einer Trigeminus- neuralgie auf. Sie werden durch feinste BerührungenbeimSprechen,Essenoder Zähneputzen, aber auch durch Luftzug sowieBewegungenderGesichtsmusku- latur ausgelöst.Sie treten meist unilate- ral im Bereich des zweiten und dritten Trigeminusastes und nur sehr selten im BereichdeserstenAstesauf. Schmerzen im HNO-Bereich Kopfschmerzen, insbesondere bei Migräne, können sich auch in den BereichderNaseundderNasenneben- höhlen projizieren und fälschlicher- weise als Rhinitis oder Sinusitis dia- gnostiziertwerden.Dr.UrsLieberherr, HNO-Privatpraktiker und Belegarzt imSpitalLimmattalinSchlierenundin der Zürcher Klinik im Park, erklärte, dass bei Migräne nasale Symptome wie Schwellung der Schleimhäute und Rhinorrhoe sowie in 80 Prozent der Fälle Sinusschmerzen auftreten kön- nen. Für Schmerzen mit Ursprung im Nasen- und Nasennebenhöhlenbereich sindmeistensInfektewieakuteRhino- sinusitidenoderakuteExazerbationen chronischerEntzündungenverantwort- lich.Interessanterweisesindaberselbst bei polypösen Rhinosinusitiden und bei eitrigen, chronisch verlaufenden InfektenseltenSchmerzenzubeobach- ten. Entsprechende CT-Befunde sollten deshalb nicht überbewertet und un- abhängig von der Klinik als Indikation für ausgedehnte Behandlungen oder Operationenverwendetwerden. Schmerzen können zudem durch Barotraumata (pathologischer Über- oderUnterdruckinluftgefülltenHohl- räumen) und Mukosakontaktpunkte (Berührungspunkte zwischen den Na- senschleimhäuten) provoziert werden. Indessen sind Mukozelen, Anfangs- stadien von Tumoren oder Fremdkör- per selten schmerzhaft. Priv.-Doz. Dr. Tobias Kleinjung, Leiter der Tinnitus- sprechstunde an der ORL-Klinik des USZ,beleuchtetedieZusammenhänge zwischen Myoarthropathie und Tinni- tus.EtwazehnProzentderBevölkerung haben einen Tinnitus (Ohrgeräusch), aber bei nur 0,5 Prozent besteht ein LeidensdruckmitKrankheitswert. TinnitushatvieleGemeinsamkeiten mitSchmerzen,dennTinnituspatienten leiden ebenfalls unter Schlafstörungen, sozialer Isolation, Angst und Konzen- trationsbeeinträchtigungen. Ein akut auftretender Tinnitus sollte interdiszi- plinärabgeklärtwerden,mitunterauch durch Zahnärzte. Diverse Studien ha- bennämlichgezeigt,dassPatientenmit einer MAP viel häufiger an einem Tin- nitus leiden als Patienten ohne MAP. ObeineMAPeinenTinnitus(oderum- gekehrt)verursachenkann,istbisheute allerdingsnochnichtgeklärt.Zahnärzt- liche Schienentherapien oder Physio- therapien der Kaumuskulatur und des Kiefergelenks führen in der Hälfte der Fälle zu einer Verbesserung oder sogar zueinerRemissiondesTinnitus. Bildgebende Verfahren WannwelchebildgebendenVerfah- renbeiSchmerzpatientendurchgeführt werdensollen,diskutierteDr.Ettlinmit Prof.Dr.BernhardSchuknecht,Radio- loge am Medizinisch Radiologischen Institut Zürich. Nur bei ausführlicher Anamnese, sorgfältigem klinischen Befund und richtiger Indikationsstel- lung liefert die Bildgebung entschei- dende Zusatzinformationen. Ist die Diagnose aufgrund der Klinik bereits eindeutig, wie z.B. bei einer akuten Kieferklemme, braucht es keine Rönt- genbilder. Bei langsam auftretenden Kiefergelenksymptomen sowie bei schmerzhaftem Kiefergelenkknacken ist ein MRI sinnvoll und das Mittel der Wahl.Damit können maligne Gesche- hen ausgeschlossen oder mittels funk- tionellen Aufnahmen Diskopathien dargestelltwerden. Eine Panoramaschichtaufnahme oder ein CT ist zur Darstellung des Kiefergelenksehernichtzuempfehlen, weil der oftmals mitbeteiligte Diskus damit nicht dargestellt werden kann. Natürlich hat die Panoramaschicht- aufnahme als Übersichtsaufnahme bei orofazialen Schmerzen und Kiefer- gelenkbeschwerden sowie zum Aus- schluss odontogener und/oder ossärer PathologienihreBerechtigung. Bei entsprechender klinischer Symptomatik ist ein MRI auch bei Reibegeräuschen im Kiefergelenk in- diziert, um das Ausmaß der entzünd- lichenarthrogenenProzessedarzustel- len (Ödem bzw. Ergussbildung). Liegt eine Trigeminusneuralgie vor, wird in jedemFalleinMRIdesSchädelsdurch- geführt.Einerseitsmüssensymptoma- tischeTrigeminusneuralgien,verursacht z.B.durchMalignome,ausgeschlossen werden, und andererseits kann die neurovaskuläre„Konfliktzone“ im Be- reich des Austrittspunktes des Nervus trigeminus aus dem Hirnstamm dar- gestellt werden. In diesem Bereich kommtesbeiderTrigeminusneuralgie zur Demyelinisierung des Nerves. Der engeKontaktzuBlutgefäßen(amhäu- figsten die Arteria cerebelli superior) führt zu Nervirritationen und resul- tierendenSchmerzen. VollständigerBeitrag:DTSwissEdition7/12 www.zumstein-dental-academy.ch DT Von der Nozizeption bis hin zu komplexen orofazialen Schmerzen Die zumstein dental academy veranstaltete einen zweitägigen Kongress zum Thema Schmerz. Dr. Silvio Schütz, UZM Basel, berichtet. Abb. 2: Dr. Thomas Zumstein lancierte mit dem Schmerz-Update 2012 eine neue Fortbildungsreihe der zumstein dental academy. – Abb. 3: Priv.-Doz. Dr. Dr. Dominik A. Ettlin, ZZM Zürich. – Abb. 4: Prof. Dr. med. Michele Curatolo (Mitte), Inselspital Bern, und Priv.-Doz.Dr.rer.biol.hum.Walter Magerl (rechts),Universität Heidelberg,mit Dr.Thomas Zumstein.– Abb.5: Dr.med.Konrad Maurer, UniversitätsSpital Zürich. – Abb. 6: Priv.-Doz. Dr. med. Peter Sandor, Kantonsspital Baden. – Abb. 7: Dr. med. Urs Lieberherr. – Abb. 8: Priv.-Doz.Dr.med.Tobias Kleinjung,UniversitätsSpital Zürich.– Abb.9:Prof.Dr.med.Bernhard Schuknecht,Zürich. Abb.1: 150Teilnehmer fanden sich am 25.und 26.Mai zum Schmerz-Update im KKL Luzern ein. 2 1 3 4 5 6 7 8 9