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Dental Tribune Austrian Edition

Mit dem täglichen Gebrauch der ZähnewirdletzterenimLaufedesLe- benseinigeszugemutet.EineVielzahl physikalischer, chemischer und bio- chemischer Noxen trägt in unter- schiedlichem Ausmaß dazu bei, dass Zahnhartsubstanz verloren geht. Hierzu tragen in erster Linie Nah- rungsmittel bei; kauzwingende Kost verursacht über Monate und Jahre einen erhöhten Abrieb, der bei Auf- nahme von sauren Speisen und Ge- tränken noch verstärkt wird. Auch Zahnpflegemittel können – bedingt durch Abrasivstoffe und den pH- Wert der verwendeten Substanzen – zu einem erhöhten Substanzverlust beitragen. In geringerem Ausmaß – aber über die Lebensspanne betrachtet ebenfalls nicht unerheblich – führen die Kaubewegungen selbst zum Ver- lust von Schmelz, da die antagonisti- schen Kontakte selbst zu einem rei- bungsbedingten Abrieb beitragen (Attrition). Die Belastung während des Kauvorgangs resultiert in Stau- chungsverformungen, die zu Mikro- frakturen führen,was nach und nach zum Abplatzen im Zahnhalsbereich führt (Abfraktion). Diese Prozesse treten selten iso- liert in Erscheinung. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich um ein simultanes oder sogar synergis- tisches Auftreten der unterschied- lichen Faktoren handelt. Dies er- schwert mitunter die Ursachenerhe- bungundverunmöglichtnichtselten eine schnelle Diagnose.Allerdings ist davon auszugehen, dass im Rahmen einer eingehenden Befunderhebung häufig dominierende Faktoren er- kennbar werden; nicht selten spielen beiraschfortschreitendemSubstanz- verlust erosive Prozesse eine zentrale Rolle (Abb.1). Sind Erosion und Abrasion den oralenErkrankungenzuzurechnen? Bei Betrachtung der Ätiologie erosiv oder abrasiv bedingter Zahn- hartsubstanzveränderungen kann nicht unwidersprochen von einer Erkrankung gesprochen werden; vielmehrhandeltessichzunächstum einen im Grunde physiologischen Prozess, der sich über viele Jahre er- streckt und in einem gewissen Um- fang akzeptabel erscheint. Dabei ist letztlich das Alter des Patienten ein entscheidendesKriterium;esliegtauf der Hand, dass die Zähne eines jun- gen Erwachsenen weniger abgenutzt sind als die eines Urgroßvaters. Von pathologischen Veränderungen im engeren Sinne kann man bei ausge- prägten Zahnhartsubstanzverlusten (ggf. in Kombination mit auftreten- denSchmerzenoderendodontischen Notfällen) reden; die Veränderun- gen sind jedoch immer in Relation zumjeweiligenAlterdesPatientenzu setzen. Das Zusammenspiel von Erosion und Abrasion In Gegenwart (oder nach dem Genuss) von Säuren ist Zahnschmelz sehr anfällig für Abrasionen. Dies gilt nicht nur für stärker einwirkende Kräfte (z.B.während des Kauvorgan- ges), sondern auch für vergleichs- weise unverdächtige Belastungen wie beispielsweise die Reibung der Zunge. In den zurückliegenden Jahren wurde daher insbesondere den mög- licherweise abrasiven Einflüssen des ZähneputzensverstärkteAufmerksam- keit geschenkt. Der Genuss säurehal- tiger Speisen trägt zu einer oberfläch- lichen Demineralisation der Zahn- hartsubstanzen bei; letztere werden dadurch weicher und können mecha- nischenBeanspruchungengegenüber nur noch einen geringen Widerstand leisten. Dies gilt auch für das (expe- rimentelle und klinisch unübliche) Putzen ohne Paste; beim Einsatz von Zahnpasten hängt der Zahnhartsubs- tanzverlust von der Dauer des Put- zens, dem Abrasivgehalt der Pasten und dem pH-Wert der unterschiedli- chenProdukteab.DieseÜberlegungen geltensowohlfürSchmelzalsauchfür Dentin, wobei das Zahnbein bei jün- geren Patienten naturgemäß nicht in wesentlichemAusmaßbetroffenist. DerabrasiveEffektvonmechani- schen Einwirkungen nach Säurege- nuss betrifft zunächst immer die der Säurewirkung exponierten Flächen. Dabei werden die durch die Säure er- weichten Schmelz- oder Dentinbe- reicheverstärktabgetragen.DieseBe- reiche sind (abhängig von der Dauer der Säureeinwirkung und der Säure- stärke)nurwenigeMikrometerstark; werden diese Bereiche beispielsweise durch das Bürsten mit Zahnpaste ab- radiert,sindsieunwiderruflichverlo- ren. Die unter dem erosiv veränder- ten Schmelz liegenden Bereiche sind unverändert und daher zunächst nichtsoleichtabradierbar.Allerdings ist davon auszugehen, dass diese Areale stärker erosionsanfällig sind (und dann wieder abradiert werden können). Die beste Prävention stellt daher die Vermeidung von säure- haltigen Speisen und Getränken dar. In Tabelle 1 sind einige säurehaltige Getränke aufgeführt. Die häufig verbreitete Ansicht, dass remineralisierende Effekte (z. B. durchSpeichel,Milch,Käse)indiesen Situationen hilfreich sind, ist daher falsch. Durch eine Remineralisation kann allenfalls noch nicht abradierte Zahnhartsubstanz wieder gehärtet werden.Dieserklärtauch,dassbeile- benslanger Betrachtung immer wie- der Zahnhartsubstanz verloren geht; dieser Prozess summiert sich über mehrereJahrzehnteundwirdmitder Zeit klinisch sichtbar. Natürliche Abwehr – Pellicle und Speichel DassichraschbildendeSpeichel- oberhäutchen hat in einem gewissen Umfang (bei mäßiger Säurezufuhr) schützende Funktion. Bei ausgiebi- gem Genuss von Säuren wird jedoch auchdiePellicleweitgehendentfernt, und die erwähnte Schutzfunktion geht verloren.Für denWiederaufbau desdurchdiePellicleetabliertenEro- sionsschutzes ist daher eine ausrei- chend lange Zeitspanne notwendig, die häufig mit etwa einer Stunde an- gegeben wurde. Auch das Zähneputzen selbst entfernt die äußeren Schichten der Pellicle. Aus diesem Grunde sind frisch geputzte Zähne anfälliger für Erosionen; das Zähneputzen un- mittelbar vor dem Genuss von säure- haltigen Speisen und Getränken ga- rantiert daher keinen ausreichenden Schutz vor säurebedingten Erosio- nen.Auch hier scheint daher das Zu- wartenfürmehrereMinutensinnvoll zu sein, um den Aufbau der Pellicle zu ermöglichen. Ersterscheinung: Dentalhygiene Journal 2/11 DT Erosion und Abrasion – ein lebenslanges Problem MitzunehmendemAlterverändertsichdasäußereErscheinungsbildderZähne.DurchphysiologischeAbnutzungtretenSubstanzverlusteauf,dieu.a.durcherosiveundabrasiveProzesse hervorgerufen werden. Diese Vorgänge sind nicht auf bestimmte Altersgruppen beschränkt. Präventive Aspekte sind daher unerlässlich. Von Prof. Dr. Andrej M. Kielbassa, Berlin. Abb. 1: Ausgeprägter Zahnhartsubstanzverlust bei einem 78-jährigen männlichen Patien- ten. Im vorliegenden Fall ist von einer primär abrasiv-attritiven Komponente auszugehen; anamnestisch fanden sich jedoch deutlich Hinweiseauf einen erosiven Einfluss. International Science DENTALTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 6/2012 · 6. Juni 20124 1 Prof.Dr.AndrejM.Kielbassa Zentrum für Zahnerhaltungs- kunde und Parodontologie Universität für Zahnmedizin und orale Gesundheit,Danube Private University (DPU) Steiner Landstraße 124 3500 Krems andrej.kielbassa@dp-uni.ac.at Kontakt Getränk Zusammensetzung pH-Wert Ananassaft Zitronen-, Apfelsäure ~3,5 Apfelsaft Zitronen-, Apfel-, Milchsäure ~3,3 Grapefruitsaft (Iso-)Zitronen-, Apfelsäure ~3,3 Orangensaft Zitronen-, Apfelsäure ~3,6 Cola Phosphor-, Zitronensäure ~2,5 Rotwein Apfel-, Milchsäure ~3,5 Weißwein Apfel-, Milchsäure ~3,5 Tabelle1: Säurezusammensetzung unterschiedlicher Getränke.