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Dental Tribune Austrian Edition

Die Entwicklung des Gesichtsschädels sowie einer regelrechten Verzahnung im Milch- und später im jugendlichen bleibenden Gebiss ist von vielen ver- schiedenen Faktoren abhängig. So muss etwa zwischen genetischen und Umwelteinflüssen, aber auch der Ernährung oder gewissen patholo- gischen Faktoren unterschieden wer- den. Zu den häufiger gesehenen Umwelteinflüssen mit Bezug auf die Entwicklung der Dentition gehören zum Beispiel gewisse Habits wie etwa das Daumenlutschen, ein falsches Schluckmuster, Mundatmung oder vermehrter/verlängerter Gebrauch ei- nes Schnullers, um nur einige zu nen- nen(Abb.1). Karies als häufigste Ursache für Zahnverlust Die Theorie, dass es auch durch frühzeitigen Verlust bzw. das Fehlen vonMilchzähnenzuPlatzverlustinder kieferorthopädischen Stützzone kom- menkann,wurdebereitsinden1880er- Jahren von Davenport und Hutchin- son beschrieben. So können spätere Fehlstellungen und kieferorthopädi- sche Behandlungen begünstigt wer- den,dieandernfallseventuellgarnicht nötiggewesenwären. Am häufigsten kommt es immer noch durch Karies zum Zahnverlust, obwohl in den letzten Jahren und Jahr- zehnten ein deutlicher Kariesrückgang verzeichnet werden konnte. Ist es erst einmal zur Karies gekommen,so ist ge- rade bei Kleinkindern der Sanierungs- grad eher schlecht, und je mehr Karies ein Kind aufweist, desto schlechter ist in der Regel der Versorgungsgrad. Je nach Region sind bis zu 60 Prozent der Milchzahnkaries bei Vorschulkindern nicht versorgt. Macht der Zahn dann Beschwerden, folgt nicht selten die Ex- traktion.In Extremfällen kann es sogar zur Extraktion aller Milchzähne kom- men (Abb. 2). Eine besonders aggressi- ve Form der Karies ist die sogenannte „Early childhood caries“ (ECC),früher auch „Fläschchenkaries“ genannt. Bei dieserFormderKariesgehenzuerstdie oberenIncisiviverloren.Beidenälteren Kindern,abetwaviereinhalbJahrenund mitengenApproximalkontaktenbildet in der Regel eine Approximalkaries das größteProblem,dieohneRöntgennicht selten übersehen wird und rasch zur Pulpavoranschreitet(Abb.3). Richtige Ernährung und Mundhygiene Ein wichtiges Augenmerk kommt daher der Prävention zu, das heißt vor allem die Instruktion der Eltern zur richtigen Ernährung und Mundhy- giene sowie Vermeidung schädlicher Gewohnheitenvonkleinauf.Bestehen bereits Schäden an der Milchzahn- dentition, so steht die adäquate Ver- sorgung mit Füllungen oder notfalls Milchzahnwurzelbehandlungen und Stahlkronen im Vordergrund, um die MilchzähnealsPlatzhalterfürdieblei- benden Zähne langfristig zu erhalten. Gelingt dies nicht und müssen Zähne aufgrund von Schmerzen oder Ent- zündungen frühzeitig extrahiert wer- den, so kann es zu Folgeschäden kom- men. Weitere Ursachen für das Fehlen von Milchzähnen können Traumata, Nichtanlagen oder eine unterminie- rendeResorptionsein. Wannsprichtmannunvoneinem „frühzeitigen Zahnverlust“? Dieser ist dann gegeben, wenn die zu erwarten- de Standzeit des Zahnes größer als ein Jahr gewesen wäre, die Dicke des Al- veolarknochens über dem Zahnkeim größer als 1 mm ist und die Wurzel- länge des bleibenden Zahnes weniger als zwei Drittel beträgt (Stellungnahme DGZMK2004). In Abhängigkeit von der Lage und Größe der Lücke sowie des Alters des Kindes kann es in diesen Fällen zu Än- derungen im wachsenden Kiefer bzw. zuPlatzverlustenkommen. Bei den Molaren geht es haupt- sächlich um das Sichern der Lücken, um die Platzhalterfunktion aufrecht- zuerhalten, während es sich in der Front eher um ein ästhetisches und funktionelles Problem handelt. Es bleibt also zunächst festzuhalten, dass ein vollständiges, gesundes Milchge- bissmiteinerregelrechtenVerzahnung die besten Voraussetzungen für die Entstehungeinergesunden,eugnathen bleibendenDentitionschafft. Diagnostik Um abschätzen zu können, wo bzw.wiediebleibendenZahnkeimelie- gen und wann mit deren Durchbruch zu rechnen ist,sind Röntgenbilder vor der Therapie unerlässlich. So können auch etwaige Nichtanlagen oder sons- tige Störungen der Zahnentwicklung ausgeschlossenwerden. Des Weiteren sollte die Bisslage und die Zahnstellung im Milchgebiss beurteilt werden: Physiologisch ist ein lückig stehendes Milchgebiss. Je enger das Milchgebiss ist, desto eher ist auch ohne vorzeitigen Milchzahnverlust bereits mit einem Platzmangel für die bleibendenZähnezurechnen.Einesta- bile Verzahnung dagegen kann auch bei entstandener Lücke ein Aufwan- dernderNachbarzähneindieLückein manchenFällenverhindern.Einhohes Risiko für eine Lückeneinengung ist bei Verlust mehrerer Zähne in einem Quadrantengegeben. Indikationen Die Angaben in der Literatur zum Ausmaß des Platzverlustes bei Verlust eines ersten und/oder zweiten Milch- molaren sind nicht eindeutig, ebenso wiediedarausresultierendenEmpfeh- lungenfürdieVersorgungmitLücken- haltern: Lin et al. etwa kommen in einer Untersuchung aus dem Jahr 2011 zu dem Schluss, dass es beim Verlust ei- nes oberen ersten Milchmolaren zwar zum Platzverlust kommt,dieser jedoch hauptsächlich durch Distalwanderung desDreiersundnichtdurchMesialdrift oder Rotation des Fünfers entsteht. Platzhalter wären somit nur in Aus- nahmefällen nötig. Cuoghi OA et al. empfehlen hingegen, bei einem Ver- lust im Unterkiefer sofort einen Lü- ckenhalter anzufertigen, da es sonst zur Mittellinienverschiebung käme. Rönnermann kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass der Platzverlust in Abhängigkeit vom Alter zu sehen ist: So entwickelten Kinder mit frühzeiti- gem Milchzahnverlust vor einemAlter von siebeneinhalb Jahren mehr Platz- mangelalssolche,diezwarimmernoch frühzeitig, aber erst ab siebeneinhalb Jahren aufwärts einen oder mehrere Zähne verloren.Tunison et al.finden ei- nen durchschnittlichen Platzverlust von 1,5 mm im Unterkiefer und 1 mm im Oberkiefer. Es wird aber darauf verwie- sen, dass nur die wenigsten Studien zur Verwendung von Lückenhaltern den Anforderungen an eine gute klinische Studieentsprechen. Zusammenfassend stellt die Lite- raturstudie von Laing E. et al. aus dem Jahr 2009 fest, dass es eingeschränkte Evidenz sowohl für als auch gegen die Verwendung von Lückenhaltern gibt. Es soll im Einzelfall abgewägt werden zwischen dem Nutzen des Lücken- halters bei Gefahr eines Platzverlusts und dem möglichen Schaden durch Plaqueakkumulation bei schlechter Mundhygiene oder ungenügender Compliance. Indikationen für die Versorgung mit Lückenhaltern in der Front sind deren positiver Einfluss auf die Ästhe- tik, Sprachentwicklung und Funktion von Lippen, Zunge und Wange sowie die Vermeidung von Dysfunktionen. Im Molarenbereich dagegen steht die Platzhalterfunktion für die bleibenden Zähne und somit die Vermeidung von Fehlstellungen und Engstand im Vor- dergrund. Im klinischen Behandlungsalltag sind häufig Einengungen von Lücken diagnostizierbar(Abb.4). EineKontraindikationfürLücken- halter ist immer dann gegeben, wenn die natürliche Exfoliation des Zahnes unmittelbar bevorgestanden wäre und derbleibendeZahnsomitkurzvordem Durchbruch steht oder auch dann, wenn die kieferorthopädische Be- handlungbereitsgeplantist. Vorgehen Lückenhalter können sowohl her- ausnehmbar als auch festsitzend kons- truiert werden. Festsitzende Lücken- halter eignen sich für Einzelzahn- lücken, während herausnehmbare Lückenhalter für multiple Lücken ver- wendetwerden. Verlust eines einzelnen ersten Milchmolaren DerVerlusteineseinzelnenMilch- VierersistsowohlimOber-alsauchim Unterkiefer relativ einfach auszuglei- chen. Früher wurden Molarenbänder an den endständigen Zahn angepasst, darüber ein Teilabdruck mit Alginat genommen und anschließend anhand des Modells im Labor ein Drahtbogen angelötet. Dieser Lückenhalter wurde dann in einer zweiten Sitzung zemen- tiert. Nachteil dieser Methode ist, dass zwei Behandlungstermine nötig sind und dass zusätzlich Laborkosten ent- stehen(Abb.5). Die schnellste und einfachste Ver- sorgungbestehtinsogenannten„band andloop“Platzhaltern(DENOVOoder Space Maintainers). Diese können als „Stecksystem“imSetfertiggekauftund direktangepasstwerden.Dazuwirdein BandentsprechenderGrößemitange- lötetenHülsenaufdenZahnaufgesetzt und ein Gegenstück auf die Länge der Lücke angepasst, mittels Zange arre- tiert und so zementiert. Dies ist relativ schnell in einer einzigen Sitzung zu bewältigen und kann auch im Falle einer Narkosesanierung direkt einze- mentiert werden. Die Bänder können sowohl über dem natürlichen Zahn als auch über einer Stahlkrone zemen- tiert werden (Abb. 6a, b). Es sind ver- schiedene Gegenstücke erhältlich.Von Kinderkronen mit bereits angelöteten Steckhülsen für Lückenhalter ist eher abzuraten,dadieseschlechtpassen,falls derZahnrotiertsteht. Da bei Verlust von Milchzähnen durch Karies weiterhin mit einem er- höhten Kariesrisiko zu rechnen ist, ist eswichtigdieElterndarüberaufzuklä- ren, dass sie sich bei einer Lockerung des Bandes sofort zum Rezementieren in der Praxis einfinden sollen,da sonst dieGefahreinererneutenKariesunter- halbdesBandesbesteht.WeitereKom- plikationenbeischlechterCompliance sind das Abrutschen des Bandes in die Gingiva durch Lockerung oder der Durchbruch des bleibenden Zahnes, Practice DENTALTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 6/2012 · 6. Juni 201212 Lückenhalter und Kinderprothesen bei Zahnverlust Bereits im frühen Kindesalter kann es zum Zahnverlust kommen. Eine der Ursachen dafür ist Karies. Der Einsatz von Lückenhaltern und Kinderprothesen kann daher von großem Nutzen sein. Von Dr. Verena Bürkle, Salzburg. Abb. 1: Offener Biss im Wechselgebiss durch falsches Schluckmuster. – Abb. 2: Massive Ausprägung einer frühkindlichen Karies. – Abb. 3: Weit fortgeschrittene Karies an 84 und 85. Sollte es hier zum Zahnverlust kommen, ist auf jeden Fall von einem frühzeitigen Zahnverlust zusprechen,dadiezuerwartendeStandzeitdesZahnesüber1Jahrgewesenwäre.–Abb.4:PlatzmangelfürdiePrämolarenimOberkiefer als Folge einer frühzeitigen Milchmolarenextraktion. – Abb. 5: Laborgefertigter Lückenhalter. – Abb. 6a: Lückenhalter über natürlichem Zahn. – Abb. 6b: Lückenhalter über Stahlkrone zementiert. – Abb. 7: Lückenhalter ist in die Gingiva abgerutscht und verursacht Schmer- zen. Außerdem wird die Lückenhalterfunktion nicht mehr erfüllt, da der Zahn kippen kann. – Abb. 8: Durchbrechender Prämolar unter Lückenhalter.Dieser muss sofort entfernt werden.– Abb.9: Korrekter Sitz des Distal Shoe Lückenhalters.– Abb.10: Der 6er ist entlang der FührungsschlaufedesLückenhaltersdurchgebrochen,esistgenugPlatzfürden5ererhaltengeblieben.NunistesanderZeit,denDistalShoe Lückenhalter gegen einen regulären Lückenhalter auszutauschen. – Abb. 11: „Flipper“ auf dem Modell. – Abb. 12: Herausnehmbarer Lückenhalter auf dem Modell. – Abb.13: Der gleiche Lückenhalter eingesetzt. – Abb.14: Lückenhalter mit medianer Dehnschraube, da es sichumeinWechselgebisshandelt;zudemDistalisationsschraube,dadieLückebereitsverengtwar.DieLückenöffnungerfolgtevorDurch- bruch des 6er! – Abb. 15: Hier konnte nur ein 5er im Oberkiefer erhalten werden. An der Position der durchbrechenden 6er ist deutlich zu erkennen, dass eine Platzhalterfunktion nicht mehr gegeben ist. Sobald die 6er weit genug durchgebrochen sind, wird eine mediane Dehnschraube eingearbeitet,um demTransversalwachstum Rechnung zu tragen. 1 2 3 4 75 6a 6b 118 9 10 1512 13 14