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DTGER0312

Zahnersatzplanung beim älteren Patienten Bei jeder prothetischen Versor- gung wird versucht, sowohl die Funk- tion als auch die Ästhetik möglichst optimalzugestalten.Dieskannsowohl mit festsitzenden als auch abnehm- baren Zahnersatz erreicht werden. Oberstes Ziel in der Gero-Prothetik sollte die lebenslange Sicherung des oralen Komforts mit angemessenen Behandlungsmaßnahmensein. Umgesundeparodontaleoderpe- riimplantäre Verhältnisse zu gewähr- leisten,istnachentsprechenderVorbe- handlung die Konstruktion des Zahn- ersatzes so zu wählen, dass der Patient oder das Pflegepersonal mit der Pflege der Zähne bzw.des Zahnersatzes nicht überfordert sind. Insbesondere kön- nen komplexe festsitzende implantat- gestützte Versorgungen, die bei jünge- ren Patienten eingesetzt wurden, im höheren Lebensalter aus hygienischen Gründen zu einem großen Problem werden. Wichtig ist auch, dass schon bei der Planung des Zahnersatzes die ma- nuelle Geschicklichkeit des Patienten berücksichtigt wird, z.B. bei Riegel- konstruktionen.Manmussebensobe- denken, dass die Geschicklichkeit mit zunehmendem Alter abnimmt. Die Konstruktionsolltesogewähltwerden, dass später auch ein nicht speziell ge- schultesPflegepersonalmitderHand- habungdesZahnersatzeszurechtkom- men kann.Weiterhin sollte prospektiv geplant werden. Falls ein Pfeilerzahn im Laufe der Jahre nicht mehr zu er- halten wäre, sollte ein Umbau der Versorgung ohne größeren Aufwand möglichsein. Prothetische Maßnahmen beim älteren Patienten Die prothetischen Maßnahmen beim älteren Patienten zeigen sämt- liche Möglichkeiten der festsitzenden wie auch abnehmbaren Prothetik,wo- bei der Ersatz fehlender Zähne durch ImplantateauchinderGero-Prothetik immer wichtiger wird, einerseits um herausnehmbaren Zahnersatz zu ver- meiden und andererseits um heraus- nehmbaren Zahnersatz sicher veran- kernzukönnen. Allgemeingilt,jejüngerderPatient ist und je mehr gesunde Pfeilerzähne vorhanden sind, umso eher wird ein festsitzender Zahnersatz angestrebt (Abb.1aund1b).AufderanderenSeite entschließt man sich um so eher für einen herausnehmbaren Zahnersatz, je mehr Zähne bereits fehlen und je stärker ihr parodontaler Abbau ist, der eine festsitzende Versorgung zu riskant erscheinen lässt. Mithilfe von Implantaten als zusätzliche Pfeiler kann aber auch ein stark reduziertes Lückengebiss festsitzend versorgt werden. Die Entscheidung, ob eine festsitzende Versorgung machbar ist oder nicht, wird daher auch vermehrt von den zu erwartenden Kosten, aber auch vom Alter des Patienten beein- flusst. Implantatgestützte Versorgung beim älteren Patienten Implantate haben sich seit Jahr- zehntenbeiderBehandlungältererPa- tienten bewährt und vielen Patienten kann mit einem implantatgestützten Zahnersatz neue Lebensqualität gege- ben werden.Neben den zahnlosen Pa- tienten,diekonventionellnichtzufrie- denstellend versorgt werden können, werden Implantate auch vermehrt an strategisch wichtigen Positionen plat- ziert, um die Prognose des Zahnersat- zeszuverbessern(Spiekermann1994). AußerdemwünschensichvielePatien- ten eine implantatgestützte Brücken- versorgung statt herausnehmbaren Teilprothesen. Es gibt zur Versorgung des zahn- losen Unterkiefers mit Implantaten verschiedene Konzeptefürdenälteren Patienten, vom einfachen Kugelkopf- attachment oder Locator, über diverse Stegkonstruktionen (Abb. 2c und 2d) bis hin zum festsitzenden Zahnersatz. Neben finanziellen Überlegungen sollteaberimmerauchdieMöglichkeit derReinigungdesimplantatgestützten Zahnersatzes bedacht werden. Daher ist im Allgemeinen beim älteren Pa- tientenderVersorgungmitHybridpro- thesenderVorzugzugeben. Herausnehmbarer Zahnersatz Ist ein festsitzender Zahnersatz wegen reduzierter Pfeilerzahl nicht mehr machbar, gibt es unterschied- liche Möglichkeiten der konventio- nellen prothetischen Versorgung auch ohne zusätzliche Implantatpfeiler (Marxkors 2007), von der einfachen Modellgussprothese (Abb.2aund2b), über Geschiebeverankerungen bis zur klammerlosen Verankerung mithilfe derbewährtenDoppelkronentechnik. Hier gilt allgemein, dass die Pro- gnose des herausnehmbaren Zahner- satzes umso besser wird, je einfacher die Konstruktion gestaltet ist und je leichter sich die verbliebenen Zähne pflegen lassen. Derart konstruiert, ist dieÜberlebensratevoneinfachenMo- dellgussprothesenmit50Prozentnach zehn Jahren nicht so schlecht (Kersch- baum 2003) und durchaus vergleich- bar mit „hochwertigeren“ Lösungen. In den letzten Jahren hat sich die Doppelkronentechnik mit Galvanose- kundärteilen (Weigl 1994) als eine sehr gute prothetische Versorgungsart sowohl auf natürlichen Pfeilern als auch auf Implantaten sowie auch in gemischten Formen bewährt. Durch VerklebungderSekundärteilemitdem Tertiärgerüst im Mund des Patienten, nach dem definitiven Einsetzen der Primärkronen, bekommt man einer- seits einen idealen Halt der Prothese, gewährleistetdurchdiehohePräzision zwischen der Primärkrone und dem Galvanosekundärteil. Andererseits ist die Handhabung für den Patienten sehr einfach, da die Retention durch adhäsive Kräfte und nicht durch Frik- tionzustandekommt(Abb.3a–c). NebendenMöglichkeiten,dieim- plantatverankerte Hybridprothesen bieten (Grunert und Norer 2001), sollte man speziell bei älteren, nicht mehr gesunden Patienten auf die Verankerungsmöglichkeit des heraus- nehmbaren Zahnersatzes auf Wurzel- kappen nicht vergessen. Mit unter- schiedlich gestalteten Retentionsele- menten kann mit einfachen protheti- schen Maßnahmen der Prothesenhalt verbessert und die Adaptation an den Zahnersatz erleichtert werden, auch wennsichdieRestzähnenichtanidea- len Positionen befinden (Abb. 4a–c). Man sollte daher nicht vorschnell ver- bliebene Restzähne, insbesondere im Unterkiefer,extrahieren. Durch das Reduzieren der Zähne auf Gingivaniveau bessert sich das Kronen-Wurzel-Verhältnis derart,dass auch Zähne mit parodontalen Abbau in vielen Fällen sinnvoll versorgbar sind. Falls keine zusätzlichen Pfeiler (natürliche oder Implantate) vorhan- den sind, stellt die Totalprothetik die letzteprothetischeMaßnahmedar,um alldas,wasverlorengegangenist,näm- lich Zähne mitsamt dem Alveolar- fortsatz, zu ersetzen (Abb. 5). Je mehr Knochen bereits resorbiert ist, umso wichtiger ist es, die Zähne in das mus- kuläre Gleichgewicht, in die neutrale Zone zwischen der Wangenmuskula- tur einerseits und der Zunge anderer- seits zu positionieren (Grunert und Crepaz2003). Besonders wichtig ist es auch, da die Menschen ja immer älter werden, den bestehendenAlveolarfortsatz wei- testgehend vor weiteren starken Re- sorptionen durch eine exakte Okklu- sion und Artikulation sowie regelmä- ßigeNachsorgezuschützen. Generell muss man sagen,dass die konventionelle Totalprothetik zuneh- mend schwieriger und anspruchsvol- lerwird.DieMenschenverlierenmeist erst im höheren Lebensalter vollstän- dig ihre Zähne und werden das erste Mal in einem Alter mit bereits ver- minderter Adaptationskapazität mit herausnehmbaren Zahnersatz kon- frontiert. Zusätzlich besteht oft ein starkerSchwundderAlveolarfortsätze, einerseits da die Zähne im Alter meist durch starke parodontale Erkrankun- gen verloren gehen und andererseits kommt es durch insuffiziente Teil- prothesenzueinerzunehmendenZer- störung des Prothesenlagers,was nach Verlust der Ankerzähne einen aus- reichenden Prothesenhalt erschwert. Nur mit großer Geduld und prothe- tischem Können des Behandlers kön- nen auch schwierigste Situationen mit einem funktionierenden Zahnersatz versorgtwerden. Doch nicht immer müssen neue Totalprothesen angefertigt werden. WennderTotalprothesenpatientschon sehraltistunddieschonlangegetrage- nenProtheseneinerfunktionellenVer- besserungbedürfen,istesoftbesser,die vorhandenen Prothesen zu unterfüt- tern und die Okklusion durch Remon- tage zu verbessern, als neuen Zahner- satzherzustellen,andensichderPatient gar nicht mehr gewöhnen kann.Leider gehtdasWissenundKönnenundauch das Interesse an der Totalprothetik zunehmend verloren (Grunert 2010). Für mich sehr erstaunlich ist, dass die konventionelle Totalprothetik in ei- nem sonst sehr guten neuen Lehrbuch über Gero-Stomatologie (Müller und Nitschke 2010) nicht einmal als Fuß- noteerwähntwird. Schlussfolgerungen DieMenschenwerdenimmerälter, und trotz besserer Zahnprophylaxe bleibt insgesamt der Zahnverlust fast gleich, auch wenn der Zahnverlust für das jeweilige Individuum erst im höhe- ren Lebensalter erfolgt, womit für die ZukunftsogareinhöhererProthetikbe- darf erwartetwird(Kerschbaum2003). Damit wird die Gero-Prothetik in der Zukunft eines der wichtigsten Arbeits- bereiche in der zahnärztlichen Praxis, wasabervielenKollegennochnichtbe- wusstist.Esgibtsehrvieleunterschied- licheTherapiemöglichkeitenbeimälte- renPatienten,vonfestsitzendbiszuden unterschiedlichen Arten des abnehm- baren Zahnersatzes.Das Behandlungs- ziel sollte immer die individuell beste Versorgung beim jeweiligen Patienten sein, welche die bestehenden Wünsche und Vorstellungen berücksichtigenmuss. Erstveröffentlichung: ZWP 9/10 LT Univ.-Prof.Dr.Dr.IngridGrunert MedizinischeUniversitätInnsbruck Department Zahn-,Mund- und Kieferheilkunde und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie MedizinzentrumAnichstraße 35 6020 Innsbruck,Österreich Ingrid.Grunert@i-med.ac.at Kontakt ➟ 4c 3c3a 3b Abb.1a und 1b: 78-jähriger Patient mit seiner altenVersorgung sowie nach parodontaler Vorbehandlung und festsitzender Neuversorgung.– Abb.2a: InsuffizienteAusgangssitua- tionbeieinem75-jährigenPatientenmitzahlreichfehlendenZähnen.–Abb.2b:Zustand am Behandlungsende mit einer Modellgussprothese im Oberkiefer und einer implantat- gestützten Hybridprothese im Unterkiefer. – Abb. 2c: Gefräster Steg auf vier interfora- minalen Implantaten. – Abb. 2d: Hybridprothese mit Metallmatrize und Variosoft- Geschieben von bredent. – Abb. 3a: Aus ästhetischer und funktioneller Sicht insuffiziente Ausgangssituation bei einer 65-jährigen Patientin. – Abb. 3b: Versorgung im Unterkiefer mittels Doppelkronentechnologie. – Abb. 3c: Patientin am Behandlungsende. – Abb. 4a: Stark reduziertes Lückengebiss eines 85-jährigen Patienten. – Abb. 4b: Die vorhandenen Zähne im Unterkiefer werden neu versorgt. – Abb. 4c: Zustand am Behandlungsende. – Abb.5: Auch die konventionelleTotalprothetik ist nach wie vor beim älteren Menschen eine häufigeVersorgungsart. State of the Art LABTRIBUNE German Edition · Nr. 3/2012 · 7. März 201220 2d2b 2c 2a1a 1b Einteilung der Patienten der Gero-Prothetik entsprechend ihrenWünschenundBedürfnissen (Grunert 2006): • Der gesunde, anspruchsvolle Patient, bei dem die Ästhetik des Zahnersatzes sehr wichtig ist. Für diese Patienten ist es auch wichtig, dass sie, wenn möglich, festsitzend versorgt werden. Die Kosten des Zahnersatzes spielen meist keine ent- scheidende Rolle. • Der gesunde ältere Patient, bei dem die Verbesserung der Funktion im Vorder- grund steht. • Der ältere Patient mit geringeren finan- ziellen Möglichkeiten. • Der Risikopatient aus allgemeinmedizi- nischer Sicht. • Derpsychischerkrankteund/oderdepres- sive ältere Patient. • Der pflegebedürftige Patient. 5 4a 4b