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Dental Tribune German Edition

Nach dem Statistischen Bundesamt (Destatis1) lebten 2009 in Deutsch- land 7,1 Millionen amtlich aner- kannte schwerbehinderte Menschen (8 % der Gesamtbevölkerung). Wa- rumgehörenMenschenmitBehinde- rung nach wie vor zur Hochrisiko- gruppefürKaries-undParodontaler- krankungen, obwohl mithilfe struk- turierter Prophylaxeprogramme der Mundgesundheitszustand für große TeilederBevölkerunginDeutschland verbessert werden konnte (DMS III 19992,DMS IV 20063). Die hohe Morbiditätsrate der Zähne und der schlechte Sanierungs- zustand lassen sich nicht allein durch eineungenügendeMundpflegeerklä- ren, sondern sind u. a. auch auf eine ungenügende zahnärztliche Versor- gung zurückzuführen. Die fehlende Einsichtineinenotwendigezahnärzt- liche Behandlung und übersteigerte AngstzuständebeiPatientenmitgeis- tiger Behinderung, sowie einge- schränkte Bewegungsmöglichkeiten von Patienten mit körperlicher Be- hinderung,sind weitere Ursachen für eine Behandlungsunwilligkeit. Sehr häufig führen diese nur zu einer beschwerdeorientierten Inanspruch- nahme zahnärztlicher Behandlung. 1. Warum ist eine bessere Mund- gesundheitsförderungfürMenschen mitBehinderungnotwendig? Nach den derzeitigen gesetz- lichenBestimmungenmüssenPerso- nentrotzzahnmedizinischrelevanter Behinderungen präventive Leistun- gen selbst finanzieren, auch wenn sie oft nicht über die entsprechenden Mittel verfügen. Um das Mundge- sundheitsniveau der nicht behinder- ten Bevölkerungsgruppen zu errei- chen,mussderMundgesundheitszu- stand von Menschen mit Behinde- rungen in Deutschland angehoben werden, wie u. a. auch Untersuchun- gen von Kaschke et al.4 (2004) be- legen. So hatten im Gegensatz zu Patienten der gleichen Altersgruppe (35-bis44-Jährige)mitfast60%nur 21%derMenschenmitBehinderun- gen keine sichtbare Plaque (Tab.1). DieDurchführungregelmäßiger Mundhygienemaßnahmen ist für betroffene Menschen mit Behinde- rungen in Abhängigkeit des Schwe- regrades ihrer Beeinträchtigung nicht ohne fachkundige Unterstüt- zung zu bewerkstelligen. Cichon und Grimm5 (1999) weisen auf die Bedeutung der Information und Motivation der Eltern und Betreuer zurtäglichenZahnpflege,zurErnäh- rungslenkung, Fluoridierung und professioneller Zahnreinigung hin. ZielderMundgesundheitsförderung für Menschen mit Behinderungen muss deshalb ein Konzept sein, das vor allem auf eine konsequente Fortsetzung der zahnmedizinischen Prophylaxe bei Erwachsenen mit Behinderung nach Vollendung des 18. Lebensjahres zielt, da derzeit diese Kosten nicht von den Kranken- kassenoderstaatlicherseitsübernom- men werden.Eine Gewährleistung der zahnmedizinischen Gesundheitsfür- sorge nach SGB 5 §21 endet mit der Volljährigkeit der Betroffenen. 2. Lebenslange zahnmedizinische Gruppenprophylaxemaßnahmen fürErwachsenemitBehinderung? Zur Verbesserung des oralen Gesundheitszustandes sind deshalb lebenslanggruppen-undindividual- prophylaktische Programme in Zu- sammenarbeit mit Angehörigen und Betreuern unumgänglich. Bisherige Studienhabengezeigt,dassbeidenin Wohneinrichtungen lebenden Men- schenmitBehinderungenZahn-und Mundhygiene oftmals erhebliche Mängel aufweisen. Ein wesentlicher Faktor neben dem Zeitmangel des Personals scheint hierbei das feh- lende Wissen um die Wichtigkeit der Zahn- und Mundhygiene für den all- gemeinen Gesundheitszustand und die nur unzureichende Instruktion der Bewohner selbst entsprechend ihrer Kooperativität sowie auch der Betreuer in der Durchführung der Zahnpflege.Allerdingswerdeninden entsprechenden Ausbildungsgängen nicht obligat das erforderliche Fach- wissen und spezifische Fähigkeiten vermittelt. Durch den Arbeitskreis „Zahn- ärztliche Behindertenbehandlung“ der Zahnärztekammer Berlin wurde deshalbimJahr2005einzahnmedizi- nisches Gruppenprophylaxeprojekt zur Verbesserung der Zahn- und Mundgesundheit für erwachsene Menschen mit Behinderungen eta- bliert (Abb. 1). Das Projekt, das in Wohneinrichtungen angeboten wird und ca. 1.400 Bewohner erfasst, wurde mehrfach evaluiert. Zahnme- dizinische Teams bieten praktische Zahnputzübungen, Mundhygiene- sowie Ernährungsberatungen für Bewohner gemeinsam mit ihren Betreuern an. Untersucht wurde, in- wieweitdurch gezielteSchulungund praktische Fortbildung die Durch- führung der Zahn- und Mundhygie- nemaßnahmen verbessert werden konnten (Kaschke, 20066 ). Zur Er- gebnisevaluation der Pilotphase im Zeitraum 2005/06 wurden Fragebo- gen ausgewertet,die von den Betreu- ern beantwortet wurden und z.B. die durchschnittliche Dauer des Zähne- putzens, die Verwendung von spe- ziellen Zahnbürsten, Hilfsmitteln, aber auch ihre Kompetenzerwartun- gensowieEinstellungenundPlanung der Zahnpflege zu drei Untersu- chungszeitpunkten (vor Beginn, un- mittelbarnachsowieeinemviertelJahr nachProgrammetablierung)erfassten. Während der Untersuchungsphase konnten bei 20,5 % der Teilnehmer nachhaltige Verhaltensänderungen nachgewiesenwerden.Beispielsweise konnte die Putzdauer der Bewohner um durchschnittlich 20 % gesteigert werden. Auch ein signifikanter Anstieg in der Selbstwirksamkeit (p<0,05) und konkretere Planungen zur Durchführung der Zahnpflege (p<0,01) seitens der Betreuer konn- tenüberdendreimonatigenUntersu- chungszeitraum beobachtet werden. Nach Abschluss der Pilotphase wurde im Jahr 2008 die Weiterfinan- zierung des Modellprojektes mit Unterstützung der Berliner Senats- verwaltung für Gesundheit und So- ziales gewährleistet. Die Evaluation dieses Anschlussprojektes beinhal- tete Beurteilungen von Verhaltens- änderungen der Bewohner zu zwei Zeitpunkten: vor und nach Durch- führung der gruppenprophylakti- schen Maßnahmen und Instruktio- nen (Kaschke, 20087). Vergleichend untersucht wurden die Ergebnisse der Teilnehmer, die einer Wartekon- troll- bzw. Interventionsgruppe zu- geordnetwurden.BeimVergleichder Daten beider Gruppen zeigte sich, dassumfangreicheVeränderungenin der Durchführung der Zahn- und Mundhygiene nur für die Probanden der Interventionsgruppe erreicht werden konnten. So wendeten 49 % von ihnen eine behindertengerechte Zahnbürste an, was zu Beginn des Programms nur bei 6 % der Fall war ➟ International Science DENTALTRIBUNE German Edition · Nr. 11/2011 · 2. November 20114 Swiss Blend Zahnersatz. 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Abb.1: Gruppenprophylaxeprojekt – Zahnputzübung. – Abb.2: Anwendung von Fluoriden zum ersten (T 1: zum Untersuchungsbeginn) und zweiten Befragungstermin (T 2: nach vierWochen). – Abb.3: Beratung eines Patienten mit spastischer Behinderung und der Betreuerin zur Individualprophylaxe durch dasTeam in der Zahnarztpraxis. Mundgesundheitsförderung für Menschen mit Behinderungen Warum gehören Patienten mit Behinderung nach wie vor zur Hochrisikogruppe für Karies- und Parodontalerkrankungen? Von Dr. Imke Kaschke, Berlin.