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Dental Tribune Austrian Edition

DENTALTRIBUNE Austrian Edition · Nr. 7+8/2011 · 3. August 2011 International News 5 Worin sehen Sie die Ursachen für den verzeichnenden Anstieg von bösartigen Tumoren, besonders von Zungenkrebs? Und welche Ur- sachen werden in der auffälligen Verschiebung, also der steigenden Zahl der Erkrankungen vor allem beijungenLeuten,gesehen? Bösartige Tumore der Mund- höhle und auch des Rachens gehören zu den zehn häufigsten Malignomen des Menschen. Meist gehen sie von der Schleimhaut aus. Die verursa- chenden Faktoren sind zum Teil be- kannt: Die kanzerogenen Stoffe des Tabakkonsums, aber auch kanzero- geneNahrungsbestandteilesammeln sich im Speichel der Mundhöhle und kommen so in Kontakt mit der Schleimhaut. Häufig betroffen sind der Mundboden, die seitlichen Rän- derderZungeunddiezahntragenden Abschnitte des Unterkiefers. Aber auch alle anderen Bereiche können befallen sein. Betroffen sind gehäuft Patienten im höheren Lebensalter, also älter als fünfzig Jahre, wobei der Tumor häufiger beim männlichen Geschlecht als beim weiblichen Ge- schlecht auftritt. In den letzten zehn Jahren haben wir aber eine Zunahme der Malignome der Mundhöhle und des Rachens bei jüngeren Patienten, also im Alter von zwanzig bis dreißig Jahren beobachtet. Als Ursache wird nebendenanderenbereitsgenannten Faktoren eine humane Papillomavi- rus-Infektion angeführt. Jüngst wird für die Entstehung von Krebs in Mundhöhle und Rachen aucheineBeteiligungvonVirendis- kutiert. Gibt es hier aktuelle Er- kenntnisseüberderenEinfluss? Es ist richtig, es liegen eine Reihe von Untersuchungen vor, die hu- mane Papillomaviren auf den Schleimhäutenundauchauf denTu- moren der Mundhöhle und des Ra- chens nachgewiesen haben. Es gibt dieAnnahme,dass maligne Schleim- hauttumoren der Rachenwände in einer Häufigkeit von bis zu 20 Pro- zent durch humane Papillomavirus- Infektionen verursacht werden. Wie häufig humane Papillomaviren Ma- lignome der Mundschleimhaut ver- ursachen, ist derzeit nicht bekannt. Die Prognose der durch humane Pa- pillomaviren induzierte maligne Mundschleimhauttumore soll güns- tiger sein als die für die übrigen Schleimhautkarzinome. Wie ist der derzeitige Stand der Überlebensrate und Prävalenz bei Mundhöhlenkarzinomen? Die Prognose des Mundhöhlen- karzinomswirdwesentlichdavonbe- stimmt,inwelchemStadiumdesma- lignen Tumors der Patient zur Be- handlungkommtbzw.einerBehand- lung zugeführt werden kann.So wird neben anderen Faktoren die Pro- gnose entscheidend von der Größe des Tumors oder auch von der Lymphknotenbeteiligung bestimmt. Die Überlebenswahrscheinlichkeit über fünf Jahre liegt bei ca. 50 Pro- zent.Übrigens imVergleich zu ande- ren Tumoren,wie etwa dem Lungen- karzinom,istdiePrognosedesMund- schleimhautkarzinomssomitgünsti- gereinzuschätzen.EineVerbesserung derPrognoselässtsichabernurerzie- len, wenn es gelingt, möglichst früh- zeitigdiePräkanzerosenunddieklei- nen Mundschleimhautkarzinome zu erkennen und einer adäquaten Be- handlung zuzuführen. Warum wird ein Karzinom oft erst imspätenStadiumentdeckt? Jede Veränderung der Schleim- haut, die nicht innerhalb von 14 Ta- gen abheilt und nicht absolut sicher einer anderen Erkrankung zugeord- net werden kann, sollte abgeklärt werden. Hierzu ist meist eine Gewe- beprobe, in manchen Fällen auch eineBürstenbiopsie,erforderlich,da- mitPräkanzerosenundkleineMalig- nome rechtzeitig erkannt werden. Leider ist die Situation auch heute noch so, dass die meisten Patienten mit Mundschleimhautkarzinomen erst in einem sehr späten Stadium in eine Behandlung gelangen. Hierfür gibt es eine Reihe von Gründen,auch wenn es auf den ersten Blick sehr schwer verständlich ist, da doch die Mundhöhle für den Patienten leicht einsehbarist.ErstwennderTumorin benachbarte Strukturen einbricht, wie Muskulatur oder Nerven, dann werden vom Patienten Schmerzen wahrgenommen. Der Grund, wes- halbvielfacherstineinemsehrspäten Stadium eine Diagnostik des Malig- noms erfolgt und eine Therapie ein- geleitetwerdenkann,liegtdarin,dass Präkanzerosen und kleine Malig- nome lange Zeit keine Schmerzen verursachen und der Patient derVer- änderung der Mundschleimhaut deshalb keine Bedeutung beimisst. Gibt es einen Wandel im Behand- lungskonzept? Die Behandlung der Malignome erfolgt interdisziplinär und das Be- handlungskonzept wird individuell für jeden Patienten in einer Tumor- konferenz festgelegt. Hier kommen verschiedene Fächer zusammen, um ihreExpertiseindieBehandlungein- zubringen. So bilden neben der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirur- gie die Strahlentherapie, die Medizi- nischeOnkologie,diePathologieund die Radiologie eine organbezogene Tumorkonferenz. In diesem Exper- tengremium wird unter Berücksich- tigung des Allgemeinzustandes und des klinischen Befundes des Patien- ten sowie des pathohistologischen Ergebnissesfestgelegt,wiedietumor- individuelle und patientenindivi- duelle Behandlung durchzuführen ist. Dabei spielen heute neben der operativenTherapiedieStrahlenthe- rapie und die Chemotherapie eine entscheidende Rolle. Meist werden Kombinationsbehandlungen durch- geführt. Worin sehen Sie eine realistische ChancezumRückgangvonErkran- kungshäufigkeitund-schwere? Um einen größtmöglichen Er- folg der Tumorbehandlung zu erzie- len, werden, wie oben schon ausge- führt, die chirurgische Therapie, die medikamentöse Therapie und die Strahlentherapie kombiniert. Bei al- len heute zur Verfügung stehenden Behandlungsmodalitäten müssen wirunsimmerwiedervorAugenhal- ten, dass das Ziel der Tumorbehand- lung nicht allein die Tumortherapie ist, sondern es muss gleichzeitig si- chergestelltwerden,insbesonderebei ausgedehnten Tumoren,dass der Pa- tient sozial integriert bleiben kann. So müssen wir bei unseren operati- ven Eingriffen zur Tumorbehand- lungimmerwiedersicherstellen,dass Funktionalität und Ästhetik wieder- hergestellt wird. Erst wenn es durch unsere operativen Maßnahmen ge- lingt,diefüreinsozialesLebensonot- wendigen Funktionen wie Sprechen und Schlucken und das Erschei- nungsbild des Gesichtes wiederher- zustellen,dürfte dieses erreicht sein. Unsere ganze Kraft müssen wir auf die frühzeitige Erkennung der Vorstufen und der kleinen Malig- nomederMundschleimhautrichten. Hier wird es nur eine Verbesserung geben, wenn alle Beteiligten, die an Behandlungen der Mundhöhle und des Rachens teilhaben, gemeinsam sich dem Ziel der Krebsfrüherken- nung verschreiben. Der Patient wird ausdenschondargestelltenGründen wohl nicht zu einer entscheidenden Verbesserung in der Erkennung von Vorstufen des Mundhöhlenkarzi- noms beitragen können. Insbeson- dere wird hier die Zahnärzteschaft gefordert.Zahnärzte haben die Gele- genheit, bei ihren Patienten mindes- tens einmal im Jahr die Mundhöhle zu untersuchen. Unser Augenmerk muss deshalb darauf liegen, dass wir Fortbildungsangebote für die Zahn- ärzteschaftanbietenmitdemZiel,die Früherkennung von Malignomen der Mundhöhle zu verbessern. DT „Zahnärzte haben die Gelegenheit, bei ihren Patienten mindestens einmal im Jahr die Mundhöhle zu untersuchen“ Mundhöhlenkarzinome gehören zu den zehn häufigsten Malignomen des Menschen. In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Neuerkrankungen insbesondere bei jungen Menschen drastisch zugenommen. Die Früherkennung durch den Zahnarzt könnte vielen Patienten das Leben retten. Jeannette Enders, Dental Dental Tribune sprach mit Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Friedrich Wilhelm Neukam über jüngste Forschungsergebnisse und Behandlungskonzepte bei Tumoren im Mund- und Rachenraum. 5 6 7 8 9 Abb. 1: Invasives Plattenepithelkarzinom: a) auf dem Boden einer homogenen Leukoplakie, b) auf dem Boden einer inhomogenen Leukoplakie. – Abb. 2: Verruköse Leukoplakie im Bereich des Unterkiefervestibulums. – Abb. 3: Prolife- rative verruköse Leukoplakie im Bereich des UK Alveolarfortsatzes. – Abb. 4: Endophytisch wachsendes Mundbodenkarzinom. – Abb. 5: Exophytisch wachsendes Zungenrandkarzinom. – Abb. 6: Carcinoma in situ (architektonisch und zytologisch alle Merkmale des karzinomatösen Plattenepithels mitAusnahme der Invasion).– Abb.7: Invasives Plattenepithelkarzinom (Basalmembran durchbrochen).– Abb.8: Leukoplakie ohne Dysplasie.– Abb.9: Frühinvasives Karzinom.(Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung aus dem Ratgeber für Zahnärzte „Erkennung oraler Risikoläsionen in der zahnärztlichen Praxis“,Oliver Driemel,et al.,Hrsg.Deutsche Krebshilfe e.V.,Bonn.) 1a 1b 2 3 4 Tipp: Ratgeber für Zahnärzte Unter der Federführung der Klinik für Mund-, Kie- fer- und Gesichtschirurgie in Regensburg und in enger Zusammenarbeit mit anderen Kliniken entstand die Broschüre „Erkennung oraler Risi- koläsionen in der zahnärztlichen Praxis“, mit der die Deutsche Krebshilfe ihrem zentralen Anliegen, die Krebs-Früherkennung stetig zu verbessern, in einem weiteren Gebiet nach- kommt. Die Broschüre kann kostenfrei bei der Deutschen Krebshilfe bestellt werden unter der Fax-Nr. +49 228 72990 11 oder per E-Mail infomaterial@krebshilfe.de. „Unsere ganze Kraft müssen wir auf die frühzeitige Erkennung der Vor- stufen und der kleinen Malignome der Mundschleimhaut richten.“ Weiterführende Links Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) www.dgmkg.de Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) www.dgzmk.de Deutsch-Österreichisch-Schweizeri- scher Arbeitskreis für Tumoren im Kiefer- und Gesichtsbereich (DÖSAK) www.doesak.com